Beten
Du darfst sagen,
was dich beschäftigt und belastet;
du darfst klagen und zweifeln
wie die Psalmisten;
du darfst fragen und bitten
wie ein kleines Kind;
du wirst verstanden,
auch wenn du die richtigen Worte
und den richtigen Ton nicht findest.
Du könntest auch sagen,
wie sehr du dich freust und worüber du staunst,
wie dankbar du für vieles bist.
Vielleicht sagst du aber gar nichts,
suchst die Stille,
schliesst die Augen,
schweigst,
hörst auf die Stimme des Herzens,
die dir sagt:
Nimm an, was ist,
nimm dich an.
Du darfst sein wie du bist.
Du darfst sein wie du bist.
Wichtiger als alles,
was mir gepredigt
und gelehrt wurde und wird,
ist die leise Stimme in mir,
die mir sagt,
was richtig und wichtig,
was ich tun und lassen muss.
Ich will still werden,
mir Zeit lassen,
damit ich sie höre;
annehmen,
wenn sie mich fordert;
antworten,
wenn sie mich fragt;
verantworten,
was ich mache;
dankbar sein,
wenn sie mir sagt:
Du bist du,
lebe dein Leben.
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
eine Kraft, die uns hilft,
zu unsern Gefühlen zu stehen,
unsere Meinung zu vertreten,
unsern Weg zu gehen;
Mut,
Tradiertes in Frage zu stellen,
Grenzen zu setzen
und Neues zu wagen;
Offenheit
für die Wunder im Alltag,
die Fragen der Mitmenschen
und die Sorgen der Bedürftigen;
Einsicht,
dass manches nicht gelingt,
vieles nicht selbstverständlich
und vieles geschenkt ist.
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
der uns ermutigt,
auf die Stimme des Herzens zu hören.
Worauf kommt es an?
Er ist ein angesehenes Kirchenmitglied,
geht am Sonntag in den Gottesdienst,
bemüht sich, die Gebote zu halten,
zahlt rechtzeitig die Kirchensteuern,
unterstützt tatkräftig Projekte der Pfarre,
übernimmt Aufgaben und Ämter.
Das ist gut, wesentlich ist aber,
wie wir unseren Mitmenschen begegnen,
ob wir für die Bedürftigen da sind,
uns für die Ausgeschlossenen einsetzen,
die Hoffnungslosen ermutigen,
und die Schwachen stärken;
und ganz entscheidend ist,
ob wir dem Menschen,
der jetzt bei uns ist, so begegnen,
dass er trotz schlechter Erfahrungen
seine Werte sieht, wieder mehr an sich glaubt
und ja sagt zum Leben.
Weihnachten
Wenn wir so beieinander sind,
dass sich jeder willkommen fühlt,
geachtet und geschätzt weiss
und sich frei äussern kann;
wenn wir einander so zuhören,
dass wir sagen können, was wir bisher verschwiegen,
fragen können, was wir noch nie gefragt und
wagen, was wir noch nie gewagt haben;
wenn wir so aufeinander zugehen,
einander fördern und unterstützen,
miteinander planen und anpacken,
wird Neues möglich.
Auftreten statt austreten!?
Ich bin aufgetreten, jahrelang,
war begeistert von der Liturgie,
ein guter Religionsschüler,
Leiter von Jugendgruppen,
besuchte eine katholische Ausbildungsstätte,
gab gerne Religionsunterricht,
leitete katechetische Seminare,
schrieb für Katechetinnen und Katecheten,
engagierte mich in Kirchgemeinden,
las theologische Literatur,
meditierte biblische Texte.
Je mehr ich seine Botschaft verstand,
desto mehr bewunderte ich den Mann von Nazareth,
war begeistert von seiner Menschenfreundlichkeit,
wie er auf Menschen zuging,
ihnen gab, was sie brauchten,
sie ermutigte zu sein, wie sie sind.
Je mehr ich seine Botschaft verstand,
desto weniger verstand ich,
was ich in der Kirche erlebte:
Pomp, Machtstrukturen, Klerikalismus,
Enge, Ausgrenzung.
Ich erlebte, wie sie, die sich auf ihn berufen,
in prachtvollen Gewändern predigen,
was er gesagt und wie heilsam er gewirkt hat.
Sie aber sehen die Not vieler Menschen nicht,
fordern Opfer und Gesetzestreue
statt Barmherzigkeit zu leben wie er.
Ich bin aufgetreten, jahrelang.
Je mehr ich von ihm begeistert war,
desto enttäuschter von der Institution.
Ich habe mich entschieden,
bin ausgetreten.
Christ kann ich auch so sein.
Viele träumen von einem ewigen Leben im Jenseits.
Ich bin hellwach und dankbar
für die Jahre und Tage,
die mir hier geschenkt sind;
will meine Möglichkeiten einsetzen,
meinen Teil beitragen,
Verantwortung übernehmen
und freue mich an dem, was gelingt;
Ich will das Staunen nicht verlernen,
meine Fragen immer wieder stellen,
offen sein für Neues,
aber auch sehen, wo meine Grenzen sind;
auf meine Mitmenschen zugehen,
sie fördern und unterstützen,
ermutigen und stärken,
soweit dies mir möglich ist.
Ich will hier und jetzt leben und erleben,
mit Schwierigkeiten rechnen,
geben und vergeben
und niemandem etwas schuldig bleiben.
Ich träume nicht vom ewigen Leben,
hoffe, dass ich schliesslich versöhnt gehen kann,
bin zufrieden, wenn mir niemand böse ist
und einige sich gerne an mich erinnern.
Wir brauchen keine geweihten Männer,
die uns die Verfehlungen vergeben;
wir brauchen einfühlsame Menschen,
die versuchen uns zu verstehen;
die aus eigener Erfahrung wissen,
dass man manchmal nicht kann,
auch wenn man noch so sehr will.
Wir brauchen nicht Menschen,
die anklagend fragen
und mit dem Finger auf uns zeigen,
sondern Menschen, die begreifen,
wie es so weit kommen konnte
und uns ermutigen, aufzustehen
und es erneut versuchen.
Wir brauchen keine geweihten Männer,
die uns im Namen Gottes vergeben.
Wichtig ist, dass wir immer wieder
wohlwollend aufeinander zugehen,
uns unserer Schwächen bewusst sind,
mit Fehlern und Mängeln rechnen,
einander danken für das Ja, obwohl….
Pfingsten
Ich wünsche der Kirche
einen neuen, einen erneuernden Geist,
der bewirkt,
dass sie verhärtete Strukturen aufbricht
und menschliches Miteinander fördert;
auf Pomp und Hierarchien verzichtet
und sich ausrichtet auf das, was letztlich wichtig ist;
viele Verbote und Vorschriften in Frage stellt
und die Heilige Schrift ins Zentrum rückt;
dass Nächstenliebe und Barmherzigkeit wichtiger werden
als theologische Haarspaltereien,
und sie ein Ort wird, wo Menschen geborgen sind
und zu sich finden können.
Uns allen wünsche ich einen Geist,
der uns ermutigt, auf uns selbst zu hören;
uns warnt zu tun, was man tut,
sondern uns auffordert, selbst zu entscheiden,
Verantwortung zu übernehmen
und den eigenen Weg zu gehen.
Bekenntnis
Je älter ich werde,
desto wichtiger wird mir sein Testament,
desto mehr bedeutet mir seine Botschaft.
Mit einfachen Geschichten hat er gezeigt,
wie wir miteinander leben
und glücklich sein könnten.
Er ermutigte die Menschen,
zu sich selbst ja zu sagen,
alles zu bekämpfen, was sie hindert,
zu sein wie sie zutiefst sind;
er glaubte, dass jeder selbst weiss,
was letztlich wichtig ist.
Je älter ich werde,
desto mehr bin ich enttäuscht von der Institution,
die für sich beansprucht, sein Erbe zu verwalten,
deren Vertreter bestimmen und vorschreiben,
wie Menschen leben und sein müssen,
die scheinbar wissen, was Gott wohlgefällig ist.
Ich habe Mühe mit dieser Institution,
die von sich sagt, sie sei die einzig Richtige,
die im Namen Gottes Kriege geführt,
Menschen getötet und Kulturen zerstört hat;
die eigene Vergehen vertuscht und jene ausschliesst,
die ihre Dogmen nicht glauben.
Ich bin begeistert von der Botschaft,
aber enttäuscht von der Institution.
Ostern wird, wenn Menschen
auch Hohn und Spott ertragen,
sich trotz feigen Urteilen treu bleiben,
Verleumdungen von Freunden erdulden,
ihre schwere Last auf sich nehmen,
sich nach Niederschlägen wieder aufrichten,
sogar unerträgliche Schmerzen erleiden,
das Vertrauen aber nicht verlieren.
Ostern wird, wenn Menschen
trotz allem ja sagen,
immer wieder aufstehen,
für sich und andere einstehen,
unbeirrt ihren Weg gehen,
ihre Möglichkeiten einsetzen
und Mitmenschen zeigen,
wie zu leben wäre.
Ob Ostern wird,
hängt von uns allen ab.
Ja, es stimmt,
ich finde viele Kirchengesetze unnötig,
kann mit Dogmen nichts anfangen,
bin überzeugt, dass man glauben nicht befehlen kann,
brauche den Segen der geweihten Herren nicht;
die kirchliche Hierarchie ist mir ein Gräuel
und der römische Pomp eine Gotteslästerung.
Aber ich bin begeistert von der frohen Botschaft,
staune, wie er auf Menschen zugegangen ist,
Ausgegrenzte aufgenommen und
einengende Gesetze abgelehnt hat;
seinen Weg konsequent gegangen ist
und in einfacher Sprache und mit schönen Bildern
gezeigt hat, wie zu leben wäre.
Ich fühle mich aufgefordert,
glaube, dass ich ihm mehr entspreche,
wenn ich auf mich selbst höre,
die Not der Menschen sehe
und helfe, so gut ich helfen kann
statt dieses System zu unterstützen,
das beansprucht, alleinseligmachend zu sein.
Papst Benedikt
Er kniet vor dem Altar
im weissen Gewand und roten Schuhen,
ein goldenes Kreuz auf seiner Brust,
vornübergebeugt,
das Gesicht mit beiden Händen bedeckt.
Er betet, will nichts sehen und hören.
Was sagt er seinem Gott?
Bittet er um Kraft, den wahren Glauben
auch in Zukunft zu verteidigen,
ihn zu schützen vor der sündigen Welt
und kritischen Theologen,
denen Traditionen nicht heilig sind
und lehren, es sei nicht alles gut,
weil es schon immer so war?
Bittet er Gott, dass er den Priestern verzeiht,
die ihres Amtes nicht würdig waren,
sich mit ihren geweihten Händen
an Kindern vergriffen
und Nonnen vergewaltigten,
so der heiligen Kirche schadeten?
Brauchen wir all die Gesetze,
die Kirche und Staat uns geben?
Steht nicht in jedem von uns,
was richtig und gut ist?
Geht es nicht darum,
auf die Stimme in uns zu hören,
zu tun, was sie uns sagt?
Brauchen wir andere Menschen,
die uns lehren, was wir glauben müssen?
Können wir unseren Weg nicht selbst finden,
aus unseren Erfahrungen lernen?
Ich wehre mich gegen all jene,
die sich anmassen, mir zu sagen,
was wann für mich richtig ist.
Aber ich brauche Menschen,
die für mich da sind, wenn ich unsicher bin,
mir zuhören und versuchen zu verstehen,
warum und woran ich zweifle.
Ich bin all jenen dankbar,
die an mich glauben und mich ermutigen,
meinen Weg zu gehen.
Sie haben jahrelang Theologie studiert,
kennen die biblischen Texte genau,
wissen alles über Dreifaltigkeit,
Auferstehung und Himmelfahrt;
verlangen, dass wir Dogmen glauben
und den Papst als Nachfolger Petri sehen;
wissen genau, was Gott von uns will,
was wir tun und wie wir sein müssen;
sind überzeugt, dass ihr Weg der richtige ist,
und es ausserhalb der Kirche kein Heil gibt.
Ich kann dies alles nicht ernst nehmen,
muss meinen Weg gehen;
habe nie Theologie studiert,
aber der Mann von Nazareth fasziniert mich;
Dreifaltigkeit ist für mich kein Problem,
ich glaube, dass Liebe das grösste ist;
brauche keine hierarchische Institution
mit Würdenträgern und Ämtern;
will immer wieder still werden
und die Stimme des Herzens hören;
versuche zu tun, was mir richtig scheint,
auch wenn andere anderes tun;
will jedem Menschen so begegnen,
dass er an sich glaubt.
Wem nützen Religionen,
die an Dogmen festhalten,
vorgeben, sie wüssten genau, was Gott wolle,
wegen Ritualen streiten,
Gesetze erlassen statt Angebote machen,
Gehorsam verlangen statt Erfahrungen ermöglichen?
Wem nützen Religionen,
die den Menschen nicht helfen,
ihren Weg selbst zu finden
und ihn trotz Schwierigkeiten zu gehen,
zu vertrauen, dass sie sein dürfen, wie sie sind,
einander zu verstehen und anzunehmen, was ist,
auch wenn es ihnen schwer fällt?
Wem nützen Religionen,
die nicht menschenfreundlich sind,
unfrei und Angst machen;
Religionen, die von einem Gott erzählen,
der ausschliesst statt aufnimmt,
fordert statt fördert,
richtet statt aufrichtet,
straft statt vergibt?
Ich weiss es nicht, denke aber,
dass Religionen, die verlangen,
dass wir verdrängen, was angelegt ist,
uns vorschreiben, was wir glauben müssen,
die verhindern, dass wir uns entfalten
und werden, was wir zutiefst sind,
weit von dem entfernt sind,
was der Mann von Nazareth wollte.
Schwierig
Wir sagen nicht,
was wir uns wünschen,
weil wir bescheiden sein wollen;
wir fragen nicht,
wenn wir etwas nicht wissen,
weil wir nicht unwissend sein wollen;
wir bitten nicht,
wenn wir nicht mehr mögen,
weil wir nicht schwach sein wollen;
wir zeigen nicht,
wenn uns etwas misslungen,
weil wir uns schämen;
wir gestehen nicht,
dass wir unehrlich waren,
weil wir Angst haben.
Wir zeigen einander nicht,
wie wir wirklich sind,
wünschen uns aber sehnlichst,
dass wir verstanden werden.
Doch, doch, es gibt sie, die Teufel,
sie leben mit uns und bei uns,
fallen nicht auf,
sind oft elegant gekleidet,
haben wichtige Funktionen und Ämter,
sagen, sie wüssten genau,
was für uns richtig und wichtig ist;
erwarten, dass wir
ihren Worten mehr glauben
als dem, was wir selber empfinden;
drohen uns mit Liebesentzug,
wenn wir tun, was uns entspricht;
strafen uns mit Verachtung,
wenn wir den eigenen Weg gehen.
Sie tun alles, damit wir
den Glauben an uns selbst verlieren,
auf andere mehr hören als auf uns selbst,
unselbständig und abhängig werden,
keinen Sinn mehr sehen,
immer mehr haben wollen
und anstreben, was wir nicht sein können.
Wenn es ihnen gelingt,
dass wir uns verlieren,
an uns zweifeln und verzweifeln,
haben sie ihr Ziel erreicht,
uns schon im Diesseits
das Leben zur Hölle gemacht.
Pfingsten
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
eine Kraft, die uns hilft,
zu unsern Gefühlen zu stehen,
unsere Meinung zu vertreten,
unsern Weg zu gehen;
Mut,
Tradiertes in Frage zu stellen,
Grenzen zu setzen
und Neues zu wagen;
Offenheit
für die Wunder im Alltag,
die Fragen der Mitmenschen
und die Sorgen der Bedürftigen;
Einsicht,
dass manches nicht gelingt,
vieles nicht selbstverständlich
und vieles geschenkt ist.
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
der uns ermutigt,
auf die Stimme des Herzens zu hören.
In feierlichen Anlässen
reden sie von froher Botschaft,
erzählen vom ewigen Leben im Jenseits,
das nur jene erreichen, die glauben,
was sie lehren und verordnen.
Sie drohen mit Hölle und Teufel all jenen,
die ihre Gesetze missachten
und ihrer Institution misstrauen;
jenen, die sich selbst mehr vertrauen als dem,
was sie als wichtig erachten.
Sie sagen, sie wüssten genau,
was Gott verbiete und wolle,
begründen ihre Ansichten
mit Dogmen und Kirchengesetzen
und theologischen Spitzfindigkeiten.
Ich nehme sie nicht mehr ernst,
brauche ihre Vorschriften nicht,
schaue auf den Mann von Nazareth,
der von Zwängen befreite;
Menschen ermutigte,
ihr Leben zu leben,
zu tun, was letztlich wichtig ist;
auf ihn, der auf Menschen zuging,
sie befreite von teuflischen Ängsten;
der zeigte, dass nicht alles gelingen kann
und sagte, wir müssten einander vergeben,
wenn wir glücklich werden wollen.
Ostern
Alles,
was bisher nicht leben konnte,
weil die Bedingungen nicht genügten,.
Impulse ausblieben,
Verbote es unterdrückten;
alles,
was im Keim erstickt wurde,
weil es fremd war und überforderte,
Gewohntes in Frage stellte,
Angst machte und Veränderung verlangte,
ist trotzdem da.
Es lässt uns keine Ruhe,
meldet sich in Träumen,
Wünschen und Sehnsüchten.
Wir könnten den Stein wegrollen,
Totes überwinden,
neues Leben ermöglichen,
und erstaunt würden wir sehen:
Es lebt!
Pfingsten damals und heute
Ihre Unsicherheit war weg,
von Angst keine Spur,
nichts hielt sie zurück.
Sie waren begeistert,
wollten allen sagen,
was sie so sehr bewegte.
Auf Strassen und Plätzen,
erzählten sie in einer Sprache,
die alle verstanden.
Die Leute hielten an und blieben stehen,
hörten staunend zu
und waren fasziniert von ihren Worten.
Ihre Nachfolger können kaum begeistern,
sie bleiben in ihren Kirchen
und zelebrieren in liturgischen Gewändern.
Sie falten die Hände,
schauen andächtig zum Himmel
und übersehen die Menschen.
Sie wissen genau, was Gott will,
sagen, was wir dürfen und müssen,
was letztlich wichtig ist.
Was uns beschäftigt und belastet,
was uns berührt und betrifft,
wollen sie nicht wissen.
Ihre Sprache ist fremd,
voll alter Bilder und Floskeln,
die niemand versteht.
Immer mehr Leute gehen oder bleiben weg,
verstehen nicht, was das alles soll,
suchen woanders ihr Heil.
Was hat es mit der Auferstehung an Ostern auf
sich?
Jahrhundertelang haben Menschen gestritten,
und viele streiten noch heute darüber,
was es mit der Auferstehung an Ostern auf sich hat.
Was die einen glauben
und als Grundlage ihrer Religion sehen,
belächeln andere,
und wieder andere
kümmern sich keinen Deut darum.
Ich streite nicht darüber,
bin überzeugt,
dass es auf uns alle,
auf dich und mich ankommt,
ob sein Geist lebt,
durch uns wirksam ist,
ob auch heute Wunder geschehen.
Wenn wir einander so begegnen,
dass immer mehr Menschen
wieder sagen, was ihnen wichtig ist,
auch wenn andere anders denken;
wieder einen Sinn sehen,
obwohl sie viel Schlimmes erleben mussten;
wieder etwas wagen,
obwohl sie oft belächelt wurden;
aufeinander zugehen,
miteinander anpacken,
füreinander da sind,
gemeinsam Neues ermöglichen,
dann ist Ostern.
Kirchliche Abschiedsfeier
Die Kirche war voll wie selten,
viele wollten Abschied nehmen.
Der Priester nahm das Wort „Gott“ öfters in den Mund
als der Verstorbene in den letzten fünfzig Jahren,
wenn man das Fluchen nicht berücksichtigt.
Er nutzte die seltene Gelegenheit,
las einen Isaias-Text, in dem gesagt wird,
was Gott mit den Menschen vorhat,
einen Psalm, in dem der Verfasser schreibt,
wie er sich nach Gott sehnt,
einen Text von Paulus an die Korinther,
in dem er über die Auferstehung spricht.
Alle hörten es,
ganz wenige hörten zu,
kaum jemand verstand,
was das uns heute bedeutet.
Einmal mehr blieben die Worte ohne Wirkung.
Viele wollten Abschied nehmen,
nicht mit Bibeltexten überschüttet werden;
eher in Stille erinnern,
was sie mit dem Verstorbenen verbunden,
was sie mit ihm unternommen,
wofür sie ihm dankbar sind.
Vielleicht auch bedenken,
dass das eigene Leben begrenzt ist,
sich klar werden,
was letztlich wichtig ist
und dankbar sein für dieses Leben.
Vielleicht hätte der Abschied vom Verstorbenen
zu einer Stunde werden können,
in der bei manchen etwas Wesentliches geschieht.
Pfingsten
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
eine Kraft, die uns hilft,
zu unsern Gefühlen zu stehen,
unsere Meinung zu vertreten,
unsern Weg zu gehen;
Mut,
Tradiertes in Frage zu stellen,
Grenzen zu setzen
und Neues zu wagen;
Offenheit
für die Wunder im Alltag,
die Fragen der Mitmenschen
und die Sorgen der Bedürftigen;
Einsicht,
dass manches nicht gelingt,
vieles nicht selbstverständlich
und vieles geschenkt ist.
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
der uns ermutigt,
auf die Stimme des Herzens zu hören.
Ostern
Aufstehen,
Schwierigkeiten überwinden,
Überzeugungen vertreten,
kritische Fragen stellen,
obwohl
es vielen nicht gefällt,
Beziehungen in Frage stellt,
viel Kraft fordert.
Einstehen
für Schwache und Bedürftige,
Unsichere und Hilflose,
Belächelte und Ausgestossene,
auch wenn
es scheinbar nichts nützt,
nie genug ist,
nicht allen geholfen werden kann.
Bestehen,
wenn Zweifel nagen,
Bequemlichkeit überhand nimmt
und die Kraft schwindet,
damit
die Hoffnung bleibt,
Vertrauen wächst
und Neues möglich wird.
Jetzt leben
Nach seinem Tod fragten sie sich:
Was war ihm wichtig?
Was machte er am liebsten?
Was machte ihm Angst?
Welches waren seine Ziele?
Was gab ihm Kraft?
Je länger sie darüber sprachen,
desto mehr merkten sie,
wie wenig sie wussten;
keine Ahnung hatten,
was ihn zutiefst bewegte,
wer er wirklich war.
Jetzt, da er nicht mehr lebte,
wurde ihnen bewusst,
wie oberflächlich ihre Beziehung war.
Sie konnten ihn nicht mehr fragen,
hatten es versäumt,
ihn kennen und verstehen zu lernen.
Sie erschraken,
schauten einander lange an,
bis endlich einer fragte:
Was ist uns letztlich wichtig?
Was brauchen wir, um glücklich zu sein?
Was gibt uns Kraft, unser Leben gut zu leben?
Sie begannen zu reden,
sagten, was sie noch nie gesagt hatten,
sprachen von ihren Gefühlen:
ihren Sehnsüchten und Ängsten;
kamen einander näher als je.
Sein Tod ermöglichte neues Leben.
Pfingsten
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
eine Kraft, die uns hilft,
zu unsern Gefühlen zu stehen,
unsere Meinung zu vertreten,
unsern Weg zu gehen;
Mut,
Tradiertes in Frage zu stellen,
Grenzen zu setzen
und Neues zu wagen;
Offenheit
für die Wunder im Alltag,
die Fragen der Mitmenschen
und die Sorgen der Bedürftigen;
Einsicht,
dass manches nicht gelingt,
vieles nicht selbstverständlich
und vieles geschenkt ist.
Wir brauchen einen neuen Geist,
einen heilenden Geist,
der uns ermutigt,
auf die Stimme des Herzens zu hören.
Weihnachten wird,
wenn das Bemühen gesehen
und der Einsatz honoriert wird;
wenn nicht alles gelingen muss
und mit Fehlern gerechnet wird;
wenn Ideen aufgenommen
und Ansätze weitergedacht,
Fortschritte gesehen
und Teilerfolge anerkannt werden.
Pfingsten
Nach all den Tagen
des Leids, das sie bedrückte,
des Zweifels, der alles in Frage stellte,
der Angst, die sie gefangen hielt,
der Trauer, die lähmte,
erinnerten sie sich
an die Geschichten,
die er ihnen erzählte;
wie er auf Menschen zuging,
ihnen zuhörte und sie verstand;
wie er Hoffnungslose ermutigte,
zu sein, wie sie zutiefst sind;
wie er von seinem Reich erzählte
und seinem Vater, der allen vergibt.
Sie schauten einander an,
dachten an seine Worte,
merkten, wie die Angst wich,
eine ungeheure Kraft sie erfüllte
und sie nichts mehr zurückhielt.
Begeistert von dem,
was sie mit ihm erlebt hatten,
gingen sie hinaus,
erzählten auf Strassen und Plätzen,
was der Gekreuzigte ihnen bedeutete.
Und sie waren erstaunt,
wie leicht es ihnen fiel,
wie die Leute stehen blieben,
ihnen aufmerksam zuhörten
und alle sie verstanden.
Ich kann nicht glauben,
dass ein Vater zulässt
und sogar will,
dass sein Sohn gefoltert
und brutal ermordet wird,
weil andere nicht getan haben,
was sie hätten tun müssen.
Ich kann nicht glauben,
dass Gott wollte,
dass Jesus verhöhnt ,
blutig geschlagen
und gekreuzigt würde,
weil Menschen sündigen,
sich gegen ihn auflehnen.
Ich kann und will nicht an einen Gott glauben,
der solche Menschenopfer braucht.
Gott ist für mich dort,
wo Menschen annehmen, was ist,
einander wohlwollend begegnen,
miteinander sorgsam unterwegs
und füreinander da sind.
Von Kindheit an sagten sie mir,
Gott im Himmel hätte gewollt,
dass Jesus für die Sünden von uns Menschen
so grausam sterben musste.
Ich kann es nicht glauben,
ich kann es nicht verstehen,
dass ein Gott der Liebe
so etwas verlangen kann.
Warst du, grausamer Gott, dabei,
als Jesus vor dem ganzen Volk verhört,
von allen verhöhnt und niedergeschrien,
mit Dornen gekrönt und blutig geschlagen wurde?
Sahst du ihm in die Augen
auf dem Weg nach Golgatha,
als er unter dem Kreuz zusammenbrach
und die Soldaten auf ihn einschlugen?
Hörtest du, wie es tönte,
als sie ihn aufs Kreuz warfen,
Nägel durch Hände und Füsse schlugen
und sein Gewand verlosten?
Wolltest du das wirklich alles, Gott?
Bist du so grausam?
Oder sagen dies die Theologen,
damit wir uns das ganze Leben schuldig fühlen?
Ich glaube nicht an diesen Gott.
Mein Gott liebt die Menschen
und seine ganze Schöpfung.
Er vergibt uns immer wieder und will,
dass wir uns selbst und einander vergeben.
Jesuanisch leben
Ein gutes Gespräch war ihm wichtiger
als eine aufgeräumte Wohnung
und perfekte Bewirtung.
Er sah in Frauen,
die wegen ihres Lebenswandels verachtet waren,
Menschen, die sich nach Liebe sehnen.
Er sprach mit Männern,
die sich zu Unrecht bereichert hatten,
und liess sie erleben, was wirklich zählt.
Es war ihm wichtig,
dass alle zur Gemeinschaft gehörten,
und er bemühte sich um Verirrte.
Er forderte die Gesetzeshüter auf,
zu sich selbst ehrlich zu sein,
bevor sie andere verurteilen.
Er wehrte sich gegen die Scheinheiligen,
die sich ihrer Taten brüsteten,
letztlich aber lieblos und hart waren.
Er wollte,
dass alle haben, was sie brauchen,
und zeigte, was Barmherzigkeit ist.
Er sah die Menschen in Not,
nahm liebevoll Anteil
und heilte durch sein Dasein.
Er schaffte eine Atmosphäre,
in der Menschen wagten zu sein,
wie sie letztlich sind.
Er gründete keine Kirche,
sagte aber mehr als einmal:
Geht hin und tut desgleichen!
Pfingsten 2017
Es heisst,
sie hätten damals die Angst verloren,
seien mutig und stark geworden,
sie hätten ihr Versteck verlassen,
seien vor das Volk getreten,
hätten mit feurigen Worten gesagt,
was sie erlebt haben,
was ihnen wichtig ist
und wovon sie überzeugt sind.
Viele Leute waren ergriffen
von dem, was diese Männer sagten,
und sie staunten über ihre Sprache
die alle verstanden.
Die begeisterten Männer begeisterten,
machten Neues möglich.
Auch wir brauchen einen neuen Geist
damit wir die Angst verlieren,
mutig und stark werden,
für unsere Überzeugung einstehen,
auch wenn andere anders denken,
sagen, was wir fühlen und denken,
was wir wünschen und brauchen.
Auch wir brauchen einen neuen Geist,
mit dem wir eine Atmosphäre schaffen,
da sich Mitmenschen sicher und geborgen fühlen,
sagen, was sie betrifft.
Wir müssen geduldig zuhören und verstehen,
unsere Verantwortung wahrnehmen
und tun, was wir können.
Auch wir brauchen einen neuen Geist,
der uns hilft eine Sprache zu finden,
die auf Floskeln verzichtet,
ehrlich und echt ist,
eine Sprache, die alle verstehen,
die berührt und bewegt,
ermutigt und Neues ermöglicht.
Neues Leben
Durch die Begegnung mit dir
habe ich gelernt,
mir zuzuhören,
mich anzunehmen,
meine Werte zu sehen
und mich an ihnen zu freuen.
Durch die Begegnung mit dir
wage ich immer mehr,
ich selbst zu sein,
selbst zu entscheiden,
meine Schwächen zuzugeben,
Grenzen zu setzen.
Durch die Begegnung mit dir
erlebe ich mich neu:
gegründet in Sicherheit,
geborgen in Wohlwollen,
bereit für Neues,
gestärkt für Schwieriges.
Fastenzeit
Nicht nur weniger essen
und mehr geniessen,
sondern vielleicht auch
weniger fernsehen
dafür miteinander weiter sehen;
weniger Radio hören,
dafür miteinander still werden;
weniger reden,
dafür mehr zuhören;
weniger unterwegs sein,
dafür mehr zu sich selbst kommen;
weniger Veranstaltungen besuchen,
dafür mehr Zeit für sich selbst haben.
Ganz einfach
weniger tun,
dafür mehr sein.
(Aus: "Kostbar", Fastenkalender 2012)
Ostern
Ich brauche immer wieder Menschen,
die den Stein wegrollen,
meine Enge sprengen.
Ich brauche immer wieder Menschen,
die den Stein wegrollen,
neues Leben ermöglichen.
Ich brauche immer wieder Menschen,
die zu mir ja sagen.
Ich brauche sie, diese Engel.
Ostern
Schlafendes aufwecken,
Schwaches stärken,
Lahmes beleben,
Angstvolle ermutigen,
Chancen wahrnehmen,
aufeinander zugehen,
zueinander stehen,
einander ernst nehmen,
miteinander Neues ermöglichen.
Pfingsten
Er freut sich auf Pfingsten,
den zusätzlichen freien Tag,
die Möglichkeit für einen Ausflug mit seiner neuen Freundin.
Er hofft auf schönes Wetter,
befürchtet erneut einen Stau, mit dem man offenbar rechnen muss.
Warum eigentlich Pfingsten?
Er weiss es nicht mehr genau,
mit dem kirchlichen Zeug kann er nichts anfangen,
erinnert sich aber noch an ein Bild, über das er damals gestaunt hat:
Die Apostel versammelt, alle mit einer Feuerzunge auf dem Kopf.
Es soll der Heilige Geist gewesen sein,
der sie total verändert,
begeistert und ermutigt hat,
allen von Jesus zu erzählen,
durch den die Welt neu wird.
Er lächelt, spöttelt gar.
Damit kann er nun wirklich nichts anfangen.
Sollen sie doch daran glauben, die Frommen,
wenn es ihnen gut tut.
Dann erzählt er von seiner Freundin,
die ihn total fasziniert.
Immer muss er an sie denken,
allen von ihr erzählen,
meine Flamme, nennt er sie.
Sie hat ihn verändert, er ist begeistert,
schreibt zum ersten Mal im Leben Gedichte,
kritzelt ihren Namen in den Sand,
verzichtet auf Treffen mit Kollegen, um mehr bei ihr zu sein,
schaut immer wieder ihr Bild an,
versucht zu spüren, was ihr gefällt,
erlebt Dinge, die er noch nie erlebt hat,
ist Feuer und Flamme.
So war es auch damals.
Die Apostel waren begeistert.
Warum denn spötteln über die Flamme,
die sie ermutigt und bestärkt hat?
Neu leben
Ich konnte dein Ja zu mir,
dein Ja ohne Wenn und Aber
lange nicht glauben.
Zu oft hatte ich gehört,
ich dürfte nur mitmachen,
wenn…,
ich könne nur dabei sein,
wenn…
ich würde nur aufgenommen,
wenn…
Ich konnte nicht glauben,
dass es je anders würde.
All die verletzenden Vorbehalte,
all die harten Bedingungen,
all die lieblosen Forderungen,
nahmen mir Hoffnung und Mut,
den Glauben an mich selbst.
Deine herzliche Anteilnahme,
deine liebevolle Zuwendung,
dein feinfühliges Dasein,
deine unendliche Geduld
haben Verhärtungen aufgeweicht,
Selbstvertrauen geweckt und gestärkt,
neues Leben ermöglicht.
Erlöse uns von dem Übel…
von den perfektionistischen Mitmenschen,
die alles kontrollieren wollen
und nie zufrieden sind;
von den übergenauen Hausfrauen,
denen nichts wichtiger ist als Putzen
und deshalb nie fertig sind;
von den stets informierten Kollegen,
die auch wissen, was man nicht wissen kann
und es auch jenen erzählen, die es gar nicht wissen wollen;
von den überaus Redefreudigen,
die dauernd erzählen, was sie wissen und können,
aber selbst nicht zuhören,
von den Ungeduldigen,
denen alles zu langsam geht,
dauernd auf die Uhr schauen und vorwärts hetzen;
von den Pessimisten,
die überall Schwierigkeiten und Gefahren sehen,
deshalb nie Neues wagen;
von Neid und Geiz,
Überheblichkeit und Egoismus,
Intoleranz
und Hetze.
Erlöse uns von all den Übeln
und gib uns Kraft,
das Gute zu sehen,
mit Fehlern zu rechnen,
Fortschritte zu würdigen,
Bemühungen zu anerkennen
und die Einsicht,
dass es auch an uns liegt,
wie viele Übel unser Zusammensein
belasten und schwierig machen.
Ich glaube,
dass in uns selbst steht,
was Leben wirklich ist,
wie wir es gestalten,
wie wir es erhalten können.
Ich glaube,
dass wir neuen Sinn finden,
wenn wir an unsere Träume glauben,
für unsere Visionen einstehen,
unserer Sehnsucht folgen.
Ich glaube,
dass es uns aufgegeben ist,
miteinander aufzubrechen,
das Wesentliche zu tun
und einfach zu sein.
Ich glaube,
dass unser
Leben göttlich wird,
wenn wir aufeinander zugehen,
einsetzen, was wir haben,
entfalten, was angelegt ist.
(Aus: „Die Wahrheit liegt in dir“, vergriffen)
Aufbrechen,
trotz aller Bedenken,
trotz aller Schwierigkeiten,
trotz aller Barrieren,
trotz aller Gefahren,
trotz aller Drohungen.
Trotz allem
an das Kind glauben,
dass wir letztlich sind,
--- gottgewollt.
(Aus: „Die Wahrheit liegt in dir“, vergriffen)
Ostern 2016
Jahrhundertelang haben Menschen gestritten,
und viele streiten noch heute darüber,
was es mit der Auferstehung auf sich hat.
Was die einen glauben
und als Grundlage ihrer Religion sehen,
belächeln andere,
und wieder andere
kümmern sich keinen Deut darum.
Ich streite nicht darüber,
bin überzeugt,
dass es auf uns alle,
auf dich und mich ankommt,
ob sein Geist lebt,
durch uns wirksam ist,
ob auch heute Wunder geschehen.
Wenn wir einander so begegnen,
dass immer mehr Menschen
wieder sagen, was ihnen wichtig ist,
auch wenn andere anders denken;
wieder einen Sinn sehen,
obwohl sie viel Schlimmes erleben mussten;
wieder etwas wagen,
obwohl sie oft belächelt wurden;
aufeinander zugehen,
miteinander anpacken,
füreinander da sind,
gemeinsam Neues ermöglichen,
dann ist Ostern.
Passion und Ostern
Jahrelang musste ich glauben,
dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde,
dass er Tote auferweckte,
leibhaftig auferstand
und einmal zur Rechten des Vaters sitzen werde.
Jahrelang wurde mir befohlen zu glauben,
was ich nicht glauben konnte.
Jahrelang hatte ich Schuldgefühle,
weil ich Gedanken
dachte,
die man nicht denken darf;
Dinge wünschte,
die man nicht wünschen darf;
meinen Penis genauer anschaute und länger
anfasste
als es unbedingt nötig war.
Jahrelang drohten mir hochwürdige Herren
mit dem Teufel und der Hölle,
wenn ich nicht machte, was sie verlangten,
und vorgaben, sie wüssten genau, was Gottes Wille
sei.
Und ich erlebte trotz allem Beten und Bitten nicht,
dass das, was sie
sagten und lebten
frohe und befreiende
Botschaft sei.
Seit ich glauben kann,
dass wir alle sein dürfen wie wir sind,
trage ich zu allem Sorge, was angelegt ist,
setze ich ein, was mir geschenkt ist,
danke ich für dieses Leben,
ahne ich, was frohe Botschaft sein könnte.
Ich bin
überzeugt,
dass man Glaube nicht befehlen kann;
dass wir durch fordernde und
fördernde Erfahrungen,
durch wohlwollende Begegnungen mit suchenden Menschen
nach und nach entdecken,
was letztlich wichtig ist.
Ich glaube und bin glücklich,
dass trotz aller hemmender
Einflüsse
neues Leben möglich ist.
CREDO
Wie war es möglich, dass jene,
die sich auf
den Mann von Nazareth beriefen,
den sie Retter und Erlöser nannten,
in dessen Nähe Verstummte wagten zu sprechen,
Menschen wieder neue Möglichkeiten sahen,
Niedergeschlagene sich wieder aufrichteten
und jene,
die nicht mehr leben konnten,
weil sie sein mussten, was sie nicht waren,
neuen Lebensmut fanden,
eine Kirche gründeten,
die einengt und Angst macht,
Schuldgefühle einpflanzt
und einen strafenden Gott predigt?
Wie ist es möglich, dass
jene,
die sich auch heute auf den Mann von
Nazareth berufen,
den sie Retter und Erlöser nennen,
der wollte, dass wir ganz leben,
in dessen Nähe bis zum Schluss Frauen waren,
der
sich seine Füsse salben liess,
eine Kirche leiten,
die Frauen von wichtigen Ämtern ausschliesst,
die Sexualität verteufelt,
vorschreibt, was
Liebende dürfen,
Priestern das Heiraten verbietet,
und Priesterkinder verleugnet?
Wie ist es möglich, dass jene
die sich auch heute auf den Mann von Nazareth
berufen,
den sie Retter und Erlöser nennen,
der mit Zöllnern und Huren zusammen sass,
die Schriftgelehrten eine Schlangenbrut nannte,
der
ihnen sagte, wer ohne Sünde sei,
solle den ersten Stein werfen,
dem Vergebung grundlegend wichtig war,
heute bestimmen,
wer zu den Sakramenten darf und wer nicht;
was wir glauben müssen,
als ob man glauben befehlen könne;
wer zu dieser Kirche gehört und wer ausgeschlossen wird,
weil er selber denkt und manches nicht gutheisst?
Wie ist es möglich, dass jene
die sich noch heute auf den Mann von Nazareth berufen,
den sie Retter und Erlöser nennen,
der arm gekleidet auf die Menschen zuging
und
einem Reichen sagte,
er solle alles verkaufen und es den Armen schenken,
wenn er in den Himmel kommen wolle,
in prunkvollen Kirchen
in Kleidern aus wertvollen Stoffen
und mit Ringen an den
Fingern
sein Wort verkünden,
über das Reich Gottes predigen
und in Ritualen mit goldenen Gefässen
seiner gedenken?
Ich kann nicht glauben,
dass der Mann von Nazareth eine solche Kirche wollte,
bin wie er kritisch gegenüber den Gottesbesitzern,
die scheinbar genau wissen, was Gott will.
Ich glaube an einen
väterlichen Gott,
der nicht nur Vergebung verlangt,
sondern auch barmherzig
vergibt,
der zu mir ja sagt,
weil und
wie ich bin.